Monatsarchive: Mai 2013

Elisa soll abgerissen werden – Die SPD verbucht das für sich als Erfolg

Link zum Artikel der SPD MitteInfo: http://spd-hh-mitte.de/wp-content/uploads/2013/04/SPD-Hamburg-MitteInfo-Mai-2013.pdf (Seite 2)

Stellungnahme zum Artikel von Tobias Piekatz, Erfolg in der Sache Elisabethgehölz, SPD Mitte Info 194, Mai 2013, S. 2:

5, 90 Euro/qm statt der ursprünglich von der VHW vorgesehenen 11, 50 – das ist unbestreitbar ein wichtiger (Teil-)Erfolg. Nur: Das ist kein Erfolg des Runden Tisches unter der Leitung von Tobias Piekatz (SPD).

Vielmehr hatte die VHW bereits zwei Monate vor dem Beginn des Runden Tisches eingelenkt. Das war das Ergebnis des Widerstands der Mieter, unterstützt durch den Mieterverein und Vertreter der Kommunalpolitik, darunter – auch – der SPD. Vor allem war es das Ergebnis des verheerenden Echos in den Medien. Daraufhin hatte der damalige VHW-Vorstand Marcus Kopplin reagiert und bereits am 22.11.2011 die Absicht erklärt, „dass zwei Drittel der Wohnungen des Neubaus in dem neuen 2. Förderweg mit einer voraussichtlichen Miete von 8,00 €/m² nettokalt erstellt werden sollen. Eine Voraussetzung für eine Inanspruchnahme dieses Förderweges ist, dass die restlichen Wohnungen im 1. Förderweg mit einer Nettokaltmiete von 5,80 €/m² Wohnfläche gebaut werden.“(1) Die Absichtserklärung der VHW – und dabei ist es bis heute geblieben – ist also kein „großartiger Erfolg“ (Zitat Tobias Piekatz) des Runden Tisches, der erstmals am 16.01.2012 tagte, und damit auch nicht der SPD.

Ziel des Runden Tisches war es vielmehr, Möglichkeiten des Erhalts der stadtbildprägenden Wohnanlage am Elisabethgehölz „vorrangig zu prüfen und gegebenenfalls zu unterstützen“ (2). Dafür wurde ein aufwendiges Gutachten an das Architekturbüro Dittert & Reumschüssel in Auftrag gegeben: „Gutachten zur Instandsetzung und Modernisierung des Wohnblocks ‚Am Elisabethgehölz’ in Varianten“. Dieses Gutachten kommt in der Schlussbeurteilung zu dem folgenden Ergebnis: „Unter dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen, d.h. eine mindestens 25-jährige Standzeit garantierende Instandsetzung und Modernisierung des Gebäudes sind daher umfassenden Sanierungsmaßnahmen erforderlich. Die baulichen Schäden sind durch die beschriebenen fachgerechten Sanierungsmaßnahmen behebbar.“(3)

Entsprechend dieser Zielsetzung, des Erhalts von Elisa, hat der Runde Tisch in fünf Sitzungen unterschiedliche Varianten diskutiert. Die Mieterinitiative hat, fachkundig beraten durch den Architekten Joachim Reinig, sich dabei bewegt und für sie schmerzliche Zugeständnisse gemacht. Ursprünglich hatte sie die über Jahrzehnte vernachlässigte Instandsetzung des Gebäudekomplexes gefordert. Dafür hätte allein die VHW aufkommen müssen. Um der VHW die Beantragung von Fördermittel zu ermöglichen, hat der Initiative einer sanften Sanierung mit Anfangsmieten von 7 Euro/qm zugestimmt. Allerdings mit einer Härtefallregelung für Mieter, die eine solche Miethöhe nicht aufbringen können. Diese Möglichkeit eines geförderten Erhalts von Elisa hat die VHW, wie aus einer Anfrage an den Senat durch die Grünen hervorgeht, allerdings nicht weiterverfolgt (4).

Bereits mit dieser Entscheidung hat die VHW den Dialog am Runden Tisch verlassen. Dementsprechend hat sie für ihre Entscheidungsverkündigung nicht einmal den 6. Runden Tisch am 04.03.2013 abgewartet. Aus der Bild-Zeitung mussten wir erfahren, dass die VHW den Abrissantrag nicht weiter ruhen ließ, sondern am 12.02.2013 beim Regionalausschuss einreichte. Und in einer Presseerklärung vom 27.02.2013 legte sich die VHW endgültig auf einen Abriss fest; angeblich sei der Bau aufgrund des verwendeten Mörtels nicht sanierungsfähig. Sie berief sich dafür auf ein Gutachten, das es zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gab, das jetzt vorliegt und die Behauptung der VHW widerlegt.
Die VHW hat sich einseitig vom Dialog am Runden Tisch abgewandt und nicht einmal die Form gewahrt und den 6. Runden Tisch abgewartet. Durch ihr Vorpreschen hat sie alle Beteiligten, die viel Zeit und Energie bei der Suche nach einer Lösung zum Erhalt von Elisa investiert hatten, vor den Kopf gestoßen.

  • Nicht erreicht wurde das Ziel des Runden Tisches, die Wohnanlage aus der Schumacherzeit zu erhalten.
  • Ein Gutachten in sechsstelliger Höhe, zu etwa einem Drittel von der Stadt Hamburg finanziert, wird durch ein weiteres, privates Gutachten ausgehebelt.
  • Das Ziel der Zwischenvermietung der leer stehenden Wohnungen, am Runden Tisch immer wieder eingefordert und ein Skandal in Zeiten der Wohnungsnot, wird verfehlt.
  • Das Zugeständnis, gefördert zu bauen, ist nicht das alleinige Ergebnis des Runden Tisches.

Die VHW hat damit den Runden Tisch, auch wenn das Herr Piekatz anders sieht, scheitern lassen: Ein „großartiger Erfolg für die SPD und die Bürger im Stadtteil.” ist das sicherlich nicht. Auch wenn sich Teile der SPD von einem Erhalt der Wohnanlage abgewandt haben und jetzt ein Loblied auf einen Neubau anstimmen („Was jetzt schon feststeht: Es wird wieder roter Klinker.“); wir tun das nicht.

Fest steht: Es gibt bisher überhaupt kein belastbares Bauvorhaben, sondern lediglich einige graphische Entwürfe, die ein bestehendes Bauvorhaben der VHW in Hamburg-Heimfeld (Homannstraße 4-10) leicht verändert wieder verwenden. Für das Grundstück am Elisabethgehölz sind diese Entwürfe denkbar ungeeignet, zudem verstoßen die veranschlagten fünf Vollgeschosse gegen den bestehenden Bebauungsplan. Die VHW spricht von „bis 130 Wohnungen“, auch wenn dort nur 118 Wohnungen verzeichnet sind. Überwiegend handelt es sich um Single-Wohnungen. Damit ergibt sich ein Wohnungsmix, der mit den Förderrichtlinien unvereinbar ist. Dementsprechend hat die VHW auch noch keinen Förderantrag bei der Wohnungsbaukreditanstalt gestellt: „Klar ist im Moment nur, dass nach einem Abriss dort überhaupt nichts gebaut werden darf, da es bisher keine Verhandlung über einen Bauantrag gab”, so treffend Michael Osterburg von den Grünen (5). Ein Schelm, wer hier an den Schlöperstieg (6) denkt?

Abschließend und um Missverständnissen vorzubeugen: Es handelt sich hier nicht um eine Kritik der Lokalpolitik. Wir bedanken uns vielmehr bei all denen, die uns nicht nur am Runden Tisch unterstützt haben und uns weiterhin unterstützen. Allerdings ist die SPD als regierende Partei hier besonders gefragt und steht in der Verantwortung. Sie ist für die Gestaltung der Förderrichtlinien verantwortlich. Neubauten, auch ‚Ersatzneubauten’, werden viel stärker gefördert als Sanierungsmaßnahmen, obwohl in der Regel weniger und teurere Wohnungen entstehen (7). Das macht den Abriss attraktiv und belohnt diejenigen, die nicht in den Erhalt der ihnen anvertrauten Gebäude investiert haben. Auf den Erhalt der Backsteinbauten der 20er und 30er Jahre wirkt sich diese Schieflage der Förderrichtlinie im wahrsten Sinne des Wortes vernichtend aus. Wir sprechen deshalb von einer Abwrackprämie für Backsteinbauten. Vertretern dieser vom Aussterben bedrohten Spezies wird man bald nur noch in wenigen Schutzzonen begegnen, auf dem Dulsberg und in der Jarrestadt. Hamburgs ‚rotes Gesicht’ verblasst – das der Backsteinbauten und das der SPD.

Quellenangaben:
1) Protokoll des Gesprächs zwischen Hauspaten, Mieterverein zu Hamburg und Vertretern der VHW vom 22.11.2011 im Rauhen Haus, Carolinenzimmer, S. 1; s. ebenfalls Schreiben der VHW an die Mieter vom 24.11.2011.
2) Interfraktioneller Antrag in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte vom 28.11.2011, Punkt 3.
3) Aus dem zitierten Gutachten vom 31.10.2012, S. 113.
4) Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Olaf Duge (Grüne) vom 20.03.2013 und Antwort des Senats (Drucksache 20/7314) vom 26.03.2013, Punkt 7: Frage: “Wurde die Unwirtschaftlichkeit der Alternative 2 (im Runden Tisch abgestimmte Variante einer förderfähigen Modernisierung ohne Grundrissveränderungen) gegenüber der BSU nachgewiesen? Antwort: Die Variante 2 wurde im Eigentümer insbesondere im Hinblick auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung als unwirtschaftlich abgelehnt und daher nicht weiterverfolgt.“
5) Elisa – Die Informationen müssen fließen, Stellungnahme der Grünen Hamburg Mitte vom 13.02.2013 zur Sitzung im Regionalausschuss vom 12.02.2012.
6) Die Backsteinbauten am Schlöperstieg wurden von der VHW abgerissen, das Grundstück wurde dann allerdings nicht wieder bebaut, sondern stattdessen verkauft: http://www.netstart24.de/Schloeperstieg.de
7) Oliver Schirg, Senat fördert Rotklinker-Abriss. Baugenossenschaft nutzt ein politisches Schlupfloch, Hamburger Abendblatt 18.12.2012, S. 7; Joachim Reinig im Interview, Abriss noch nicht vom Tisch, Mieter helfen Mietern, mietraum² Nr. 1, März 2013, S. 7-8.

Weiterlesen:
Zum gleichen Text der SPD hat das Nachrichtenmagazin hh-mittendrin einen sehr lesenswerten Artikel geschrieben: Link zum Artikel bei hh-mittendrin

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Gegen den Abrisswahn – Solidarität mit den Esso-Häusern!

Bürgerinitiativen aus ganz Hamburg haben auf einer Demonstration am 28.04.2013 den Erhalt der Esso-Häuser gefordert.

Artikel-Esso-Haeuser-580
Foto: hh-mittendrin

Zitat aus hh-mittendrin vom 30.04.2013:

Auch die Initiative „Rettet Elisa“ entrollte ihr „Wir bleiben“-Banner am Spielbudenplatz. „Fühlt euch nicht sicher! Wir dachten bei einer Genossenschaft kann uns nichts passieren! Hört nicht auf zu protestieren, wir verlieren sonst die Vielfalt dieser Stadt“, appelliert Aktivistin Corinna von „Rettet Elisa“ an die DemonstrantInnen auf dem Spielbudenplatz.

Den gesamten Artikel bei hh-mittendrin lesen

Ob privater Investor oder Genossenschaft: Für einen Erhalt der Esso-Häuser und ‚Elisas’! Diese Häuser sind bewohnt und kein Spekulationsobjekt!

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