Sind Genossen eine Gefahr für eine Genossenschaft? – Zum Umgang der vhw mit Genossen und Mitgliedervertretern

Am 4.11.14 bekamen die Mitgliedervertreter der vhw eine Informationsbrief zum aktuellen Stand bzgl. des Neubauvorhabens Am Elisabethgehölz von der Pressesprecherin Frau Annika Patzelt und dem Bereichsleiter vhw wohnen Herrn Michael Bertram.

Dieses Schreiben diskeditiert über eine Seite lang eine Mitgliedervertreter-Kollegin, berichtet aus den laufenden Verfahren der Räumungsklagen und enthält mehrfach den Vorwurf ungenossenschaftlichen Verhaltens.

Die Anwürfe der vhw halten wir für inakzeptabel und einer Genossenschaft unwürdig.

Die vhw muss sich fragen lassen, ob sie sich in diesem Falle nicht selbst genossenschaftswidrig  verhält:

  • 2011 entschied die vhw über die Köpfe der Genossen hinweg, das Wohngebäude am Elisabethgehölz abzureißen, neu zu bebauen und sodann für 11,50€/qm zu vermieten. Innerhalb weniger Monate sollten die Bewohner ausgezogen sein. Eine Rückkehr wurde damals nur denjenigen in Aussicht gestellt, die sich 11,50 € pro qm hätten leisten können.
  • Auf den Bewohnerversammlungen Ende Aug. 2011 behauptete die vhw, noch nichts in Sachen Abriss unternommen zu haben, dabei hatte sie bereits die Zweckentfremdungsgenehmigung beantragt und erteilt bekommen!
  • Seit Jahren berichten die Medien über beispiellose nervliche Belastungen, denen die Mieter durch die Entmietungspraxis der vhw ausgesetzt sind. Verwiesen sei z. B. auf den Artikel im Hamburger Abendblatt vom 23.03.06 (“Wir kämpfen um unsere Wohnungen”) oder auf den NDR-Beitrag  im Hamburg-Journal vom 07.12.2011.
  • 2012 versprach der Vorstand Marco Hahn auf einer Bewohnerversammlung, das Haus zu sanieren, wenn die Mehrheit der Bewohner dafür sei. –Es sei dahingestellt, ob formal ein zweiter Vorstand hätte zustimmen müssen. – Die Bewohner nahmen Herrn Hahn beim Wort und zwei Drittel der Bewohner sprachen sich in Willensbekundungen für den Erhalt aus. Diese wurden Herrn Hahn in Anwesenheit von Presse, Vertretern der Lokalpolitik und Mieterverein übergeben – doch der Vorstand stand nicht zu seiner Aussage!
  • Seit 2011 forderte die Mieterinitiative „Rettet-Elisa!“, alle leer stehenden Wohnungen zwischenzuvermieten, was die vhw nach unserem Eindruck nie ernsthaft in Erwägung gezogen hat. Die vhw verursacht dadurch den Verlust von Mieteinnahmen  in sechsstelliger Höhe.
  • Die Betitelung „Verweigerer“ ist irreführend, wenn Bürger entsprechend ihrer Bürgerrechte von der gerichtlichen Überprüfung der Kündigung Gebrauch machen. Hätte die vhw wie andere Genossenschaften eine belastbare Projektplanung vorgelegt, so wäre dies nicht nötig gewesen.
  • Das  Anprangern von wenigen auch noch namentlich genannten Genossen ist mehr als unredlich.
  • Seit Ende 2013 kündigt die vhw den Bewohnern Bauarbeiten und ähnliche Maßnahmen nicht oder unzureichend an.

Zudem stellt die vhw die Rechtslage missverständlich dar:

  • Die Verwaltungsgerichtsbarkeit hat nicht entschieden, ELISA sei nicht denkmalwürdig. Bekundet wurde nur, dass es nicht Sache der Mieter sei, über die Eintragung in die Denkmalliste zu entscheiden, sondern Aufgabe der Politik.
  • Auch in den Mietrechtsstreitigkeiten liegen noch keine Urteile vor, schon gar nicht rechtskräftige.
  • Der Baubeginn wird nicht durch „lediglich drei Verweigerer blockiert“. Es leben weitere Genossen in Elisa. Die vhw konnte bislang nicht für alle adäquate „Ersatzwohnungen“ finden.  Bei einer Genossin ist noch nicht einmal die reguläre Kündigungsfrist abgelaufen.

Die Mitgliedervertreter
Sabine Cirsovius
Thomas Cirsovius
Corinna Gülzow
Simon Raabe

 

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3 Antworten auf Sind Genossen eine Gefahr für eine Genossenschaft? – Zum Umgang der vhw mit Genossen und Mitgliedervertretern

  1. Bloese sagt:

    Guten Abend,
    das ist ja ein spannendes Abenteuer welches Sie vor Gericht gerade erleben. Allerdings sind Ihre Changen gleich Null gegen Ihre Genossenschaft zu “gewinnen”.
    Jeder halbwegs taugliche Anwalt hätte Ihnen dringlichst davon abgeraten es überhaupt auf eine Räumungsklage ankommen zu lassen.
    Letzlich geht es in Ihrer Sache darum ob und wie das strittige Objekt von dem Vermieter wirtschaftlich verwertet wird. Ob und wie ein solches Objekt verwertet wird ist und muss natürlich dem Eigentümer überlassen bleiben. So haben und so werden es auch künftig Gerichte entscheiden.
    Ob dieses oder andere schöne alte Gebäude mit sehr viel Geld und sanierungsaufwand erhalten werden ist vielmehr eine Gesellschaftliche Frage. Also die Politik müsste hierfür Fördergelder bereitstellen.
    Ihre Genossenschaft wäre mit der Erhaltung sicherlich Überfordert. Es ist natürlich schon schade wenn dieses “Elisa”-Gebäude bald abgeriisen wird und ich kann auch verstehen das Sie nach so langer Zeit der Auseinandersetzung nicht “aufgeben” wollen aber das was Sie versuchen zu erreichen ist nicht auf diese Art zu erreichen.

    MFG. Th. Bloese

    • WIR BLEIBEN! sagt:

      Sehr geehrter Herr Bloese,

      wir stimmen mit Ihrer Meinung überein, das die Politik im gleichem Maß Fördergelder für Sanierungen bereitstellen müsste, wie sie es für Neubauten tut.
      Dies ist tatsächlich eine grundsätzliche Frage, die unsere Gesellschaft betrifft, denn wie wir wissen, können sich viele Menschen heute schon die Mieten in den Großstädten kaum leisten und der Staat zahlt immer größere Summen, um diese Menschen mit Wohngeld und anderen Subventionen zu unterstützen. Weiterhin hat sich der Staat Klimaziele gesteckt, die durch Energie- und Ressourcenverschwendung bei nicht notwendigen Ersatzneubauten unterlaufen werden.
      Angesichts der Sorge um das Stadtbild Hamburgs und des baukulturellem Erbe, das auch die Landespolitik umtreibt, ist der Handlungsbedarf hier groß. Es gibt es eine gute Kommentar- und Materialzusammenstellung auf der Webseite der Hamburger Initiative Wir-sind-Eppendorf.
      Selbstverständlich geht es um einen wirtschaftlichen Betrieb eines Mietshauses. Der öffentlich einsehbare Geschäftsbericht der vhw zeigt, das sie in der Tat möglicherweise mit einer Sanierung überfordert wäre, wie Sie es ausdrücken. Dies ist jedoch kein Argument, das einem Erhalt entgegen steht. In unserer unmittelbaren Umgebung werden die Häuser verschiedenster Eigentümer saniert, und eben nicht abgerissen. Weil dies wirtschaftlich ist.

      Die Kosten der Sanierung sind ersteinmal hoch, weil die Kosten der unterlassenen Instandhaltung dort inbegriffen sind. Wie Sie wissen, zahlt jeder zur Miete wohnende Bürger in seiner Miete eine Summe für Instandhaltungen, so haben auch wir dies getan. Verschiedenste Fachleute gehen von einer definitiven wirtschaftlichen Sanierbarkeit des Hauses aus. Grundsätzlich genießen Mieter Deutschland einem gesetzlichen Schutz. Aus guten Gründen. Auch dafür, das Eigentümer eben nicht nach dem Modell Häuser-vernachlässigen/nicht-sanieren-aber-dann-abreißen handeln dürfen. D.h. im Falle einer Verwertungskündigung sollte u.a. nachvollziehbar dargestellt werden, warum ein Haus nicht mehr wirtschaftlich saniert und betrieben werden könne. Wenn dies jedoch nicht erfolgt, haben die Bürger in Deutschland das Recht, dies vor Gericht prüfen zu lassen.

      Unter Berücksichtigung aller oben angeführten Punkte wäre die einfachste Lösung für die Genossenschaft wie auch im Interesse Hamburgs der Verkauf des Hauses an eine Genossenschaft, die die Sanierung durchführen kann.

  2. Pingback: Artikel in hh-mittendrin vom 5.11.14 | Rettet Elisa!

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